Steinernes Album

Sandsteinrelief
Sandsteinrelief

Unweit des Ortstteils Großjena prangen an einer großen Sandstein-Terrassenmauer, inmitten eines Weinbergs, zwölf mehr als mannshohe Bildreliefs aus der Steinwand. Das sogenannte "Steinerne Album" ist eines der ungewöhnlichsten Denkmäler für Wein und das größte Bildrelief im europäischen Kulturraum, das je in ein stehendes Felsgestein gearbeitet wurde.

Urheber war der Juwelier Johann Christian Steinauer, der ab 1705 in Naumburg als Hoflieferant von Herzog Christian II. von Sachsen-Weißenfels zu Reichtum kam. Steinauer erwarb um 1720 einen Weinberg. Der Besitz von Weinbergen galt zu jener Zeit als Statussymbol der wohlhabenden Naumburger Bürgerschaft. Als Huldigung an den Herzog lies Steinauer aus Anlass von dessen zehnjährigem Thronjubiläum ein Relief aus den Felsen seines Weinbergs herausarbeiten. Die meisten der zwölf Reliefs tragen zu diesem Zweck das Datum des 17. März 1722, obwohl einige von ihnen erst im Laufe der nächsten Jahre entstanden sind. Da die Motive der Reliefs zwei und drei nicht zu den zehn übrigen passen und Wappen tragen, wird angenommen, dass sie zuerst entstanden sind.

Zur Finanzierung seines Vorhabens schuf Steinauer eine Reliefstiftung, an der sich viele Freunde beteiligten und so um die Gunst des Herzogs warben. Zu ihnen zählten unter anderen Handelsherren aus Augsburg und Berlin sowie der Naumburger Pastor Fleuter.

Der Bildhauer selbst ist unbekannt, doch er schuf ein Meisterwerk. Auf einer Länge von 150 Metern entstanden zwölf Szenen. Zehn davon beinhalten Geschichten aus der Bibel. Die beiden übrigen zeigen eine Fuchsjagd und das Reiterbild Herzog Christians. Von den zehn Bibelgeschichten setzen sich sechs direkt mit biblischen Weingeschichten auseinander. So ist die Berauschung Lots durch seine Töchter ebenso zu sehen, wie Noah als erster Weinbauer, Christus in der Kelter, Josua und Kaleb, die mit einer schweren Weintraube zurückkehren und das Gleichnis von den Arbeitern im Weinberg des Herrn. Bild Nummer fünf zeigt die Hochzeit zu Kanaa, wo Jesus der Bibel nach Wasser in Wein verwandelte, samt einer Inschrift: "Gott macht immer aus Wasser Wein/ Gesegnet ist die Frucht/ Verdammt soll der Mischer sein/ der nicht Erquickung sucht."

Die Reliefidee geht vermutlich auf verschiedene Ursprünge zurück. Zum einen stand im Kroppental bereits ein in Sandstein gehauener zwei Meter hohen geflügelten Engel. Zum anderen war in der Epoche des Rokoko das geschriebene oder gemalte Albumblatt, das sich dem Wein oder der Jagd widmete, groß in Mode. Auf letzteres verweisen sowohl die Inschriften in den Reliefs, wohinter eine Art Widmungsblätter Steinauerscher Freunde vermutet wird, als auch die inhaltliche Bindung der Reliefs (Albumblätter) ans Trinken beziehungsweise an den Wein und die tiefe Frömmigkeit der meist biblischen Motive. Beides ist bezeichnend für den genannten Zeitabschnitt.

Die Zeit hat den Reliefs aus Buntsandstein stark zugesetzt. Aufgrund des sauren Regens und der Salzauskristallisationen, welche zum Absprengen verschiedener Schichten führte, ist sehr weit fortgeschritten. 1995 begannen erste Sondierungsmaßnahmen, um den weiteren Verfall des Kulturdenkmales zu verhindern. Bis zum Jahr 2000 wurden rund 3.000 Liter Steinfestiger über Bohrungen in die Felsen eingebracht und mit Salzspeichermörtel besonders gefährdete Teile gesichert. Zur Finanzierung der weiteren Pflege wurde mit Unterstützung der "Deutschen Stiftung Denkmalschutz" und weiteren Stiftern die "Müller Stiftung Berlin" und die "Gerd Erbslöh Stiftung" gegründet, die den Erhalt der Felsenreliefs zum Ziel haben.  

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